Jeder von uns kennt das Gefühl der Hilflosigkeit und wahrscheinlich auch die Passivität und Handlungsunfähigkeit, die in der Regel mit diesem Zustand verbunden sind. Und tatsächlich sind wir in unserem Leben manchmal auch mit Situationen konfrontiert, die wir durch unser Handeln nicht oder nur eingeschränkt kontrollieren können. Die motivationspsychologische Forschung zur erlernten Hilflosigkeit weist jedoch auf eine Dynamik hin, die unser Lernverhalten schwerwiegend und nachhaltig negativ beeinflussen kann. So konnte in zahlreichen experimentellen Studien mit Tieren wie auch mit Menschen nachgewiesen werden, dass ein Individuum, das wiederholt die Erfahrung macht durch eigenes Handeln, dessen Konsequenz nicht verändern zu können (Unkontrollierbarkeit), in Passivität verfällt, die auch dann aufrecht erhalten wird, wenn sich die Bedingungen verändern und eine Reaktion sehr wohl zu einer positiven Veränderung führen würde (Kontrollierbarkeit). Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sich eine solche Passivität nicht nur auf die ursprüngliche Situation beschränkt, sondern in aller Regel auch auf andere, ähnliche Situationen generalisiert wird.
Aus diesen Beobachtungen formulierten Seligman (1975) sowie Maier und Seligman (1976) die erste Fassung der Theorie der erlernten Hilflosigkeit. Diese besagt, dass ein Ereignis unkontrollierbar und reaktionsunabhängig sein muss, um Hilflosigkeit auszulösen, wobei hier nicht von Bedeutung ist, ob tatsächlich eine Unkontrollierbarkeit gegeben ist, sondern ob dies von der betroffenen Person so wahrgenommen wird. Die Erwartung von Unkontrollierbarkeit beeinflusst im weiteren Verlauf die Fähigkeit Neues hinzu zu lernen und senkt die Motivation. Während das Erleben von Unkontrollierbarkeit zu Beginn emotional noch eher mit einer Stressreaktion bzw. mit Angst verbunden ist, entwickelt sich mit fortwährender Dauer eine depressive Symptomatik. Wenn eine Person auf Jobsuche beispielsweise die Erfahrung macht, dass sie unabhängig von ihrer Vorbereitung, ihrer Performance in der Situation etc. nicht ausgewählt wird, so kann sie hieraus die Erwartung entwickeln, keinerlei Einfluss auf den Ausgang des Bewerbungsprozesses zu haben. Zunächst wird dies wahrscheinlich mit einer erhöhten Aufregung oder Ängstlichkeit in ähnlichen Situationen verbunden sein, irgendwann dann mit Resignation und Passivität. Dies wiederum beeinflusst aber natürlich das Auftreten der Person in entsprechenden Situationen, so dass letztendlich im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung die scheinbar ausweglose Situation tatsächlich aufrecht erhalten wird.
Wie kann man einen solchen maladaptiven Prozess unterbrechen und verändern? Eine Grundlage dafür liefert die Reformulierte Hilflosigkeitstheorie von Abramson, Seligman und Teasdale (1978). Diese behält die Kernannahmen der ursprünglichen Theorie bei, ergänzt jedoch den wichtigen Faktor, dass Menschen in unkontrollierbaren Situationen versuchen die Ursache für diese Unkontrollierbarkeit heraus zu finden. Diese Ursachenzuschreibungen (Attributionen) haben einen wesentlichen Einfluss darauf, ob eine Person Hilflosigkeit entwickelt oder nicht. Gleichzeitig sind sie ein Faktor innerhalb der Person, der am ehesten zum Positiven hin verändert werden kann, um Hilflosigkeit zu vermeiden. In unserem nächsten Newsletter gehen wir näher auf diese motivationspsychologischen Prozesse ein.
Abramson, L. Y., Seligman, M. E. P., & Teasdale, J.D.: Learned Helplessness in Humans: Critique and Reformulation. In: Journal of Abnormal Psychology. Vol. 87, No. 1, 1978, S. 49–74.
Maier, S. F., & Seligman, M. E. P. (1976). Learned Helplessness: Theory and Evidence. Journal of Experimental Psychology: General, 105, 3-46.
Seligman, M. E. P.: Helplessness. On Depression, Development and Death. Freeman and Comp, San Francisco 1975. |